Depression bei Introvertierten: Wie gehe ich damit um?

Depression bei Introvertierten: Wie du damit umgehen kannst

Werbung | Depression bei Introvertierten: Mit diesem Artikel wende ich mich einem Thema zu, um das ich lange herumgeschlichen bin.

Depressionen sind für Introvertierte besonders gefährlich. Nicht, weil diese Menschen aufgrund ihrer Introversion unglücklicher seien als Extrovertierte. Viel mehr werden Introvertierte häufig diskriminiert, kritisiert oder gar gemobbt, was zu psychischen Problemen führen kann.

Und da man es uns Intros nicht so schnell anmerkt, als unseren extrovertierten Mitmenschen, werden Depressionen oft „verschleppt“.

Ich selbst leide seit meinem 14. Lebensjahr unter wiederkehrenden Depressionen. Welche Wege ich gefunden habe, um mit depressiven Schüben umzugehen, verrate ich in diesem Artikel.

Außerdem erfährst du,

  • was eine Depression ist,
  • wie sie sich äußert und
  • wann du unbedingt eine ärztliche Praxis aufsuchen solltest.

Hinweis

Wenn du unter einer psychischen Erkrankung, wie einer Depression, leidest, könnte dieser Artikel dich triggern. Bei Gedanken an Suizid oder Selbstverletzendes Verhalten, wende dich bitte an deine ärztliche Praxis.

Alternativ kannst du dich unter den Nummern 0800/1110111 oder 0800/1110222 von der Telefonseelsorge beraten lassen. Wenn du ein Kind oder Jugendlicher bist, erreichst du die Nummer gegen Kummer unter der 116111. Beide Organisationen bieten auch eine Online-Hilfe an, wenn du nicht anrufen, sondern lieber schreiben möchtest. Und vor allem: Es ist anonym und kostenlos!

Disclaimer

Dieser Artikel ersetzt keine Therapie oder professionelle Hilfe durch eine psychiatrische oder psychotherapeutische Praxis.

Zudem bin ich keine Fachärztin oder Psychotherapeutin, sondern lediglich eine Betroffene, die ihre Erfahrung teilt.

Triggerwarnung: Depression, Selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität, Angst, Psychiatrie

Und plötzlich war alles dunkel

Meine erste Depression hatte ich mit etwa 14 Jahren. Damals dachte ich, dass die ganze Welt sich gegen mich verschworen habe. Ich fühlte mich einsam, hilflos, ungeliebt. Einen Sinn konnte ich in meinem Leben kaum mehr erkennen. Es war alles schwer und ich weinte viel, ohne dass meine Eltern etwas davon mitbekommen hätten.

Weil meine Depression unbehandelt war, entwickelte ich ungesunde „Strategien“, um damit klarzukommen. Kaum hatte ich mich versehen, konnte ich mir ein Leben ohne die Selbstverletzung nicht mehr vorstellen. Über Monate hinweg tat ich es heimlich, bis ich mich eines Tages meiner Mutter anvertraute, weil ich merkte, dass es so nicht weitergehen konnte.

Meine Mutter war natürlich völlig schockiert über mein Geständnis. Sie meldete mich bei einer psychologischen Beratungsstelle für psychisch kranke Kinder und Jugendliche an, die einzige Therapiemöglichkeit in meiner Kleinstadt auf dem Land. Zwar musste ich ein paar Monate warten, aber im Vergleich zu den heutigen Wartezeiten auf einen Therapieplatz, war das ein Wimpernschlag.

Die Therapie half mir zunächst. Ich fühlte mich verstanden und gut aufgehoben. Meine Depression besserte sich.

Dann mit 16 der totale Zusammenbruch. Ich landete wegen Suizidgefährdung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Von da an hatte ich viel zu kämpfen, aber ich fand meinen Lebensmut immer wieder und heute kann ich sagen, dass mich diese Zeit sehr geprägt und gestärkt hat.

Die Depression taucht jedes Jahr bei mir auf. Mal sind es nur ein paar Wochen, manchmal auch Monate. Das liegt aber an meiner Form der Erkrankung. In vielen Fällen ist eine Depression heilbar und taucht nur einmal im Leben auf.

Mittlerweile habe ich aber gesunde Strategien entwickelt, wie ich in solch einer Lage vorgehen kann. Einige dieser Methoden werde ich dir in diesem Artikel verraten. Außerdem befinde ich mich in medikamentöser Behandlung.

Was ist eine Depression?

Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, fühlen sich häufig niedergeschlagen, antriebslos, hoffnungslos und erschöpft.

Depression bei Introvertierten (Zitat): Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, fühlen sich häufig niedergeschlagen, antriebslos, hoffnungslos und erschöpft.

Entgegen der verbreiteten Annahme ist eine Depression nicht immer Folge schwieriger Lebensumstände. Eine Depression kann auch ohne klar ersichtlichen Grund auftauchen (das tut sie sogar ziemlich häufig). Mit schlechter Laune hat das nichts zu tun. Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, kommen oft ohne professionelle Hilfe nicht mehr aus diesem Abwärtsstrudel heraus.

Wie merke ich, dass ich in eine Depression abrutsche?

Jeder Mensch ist unterschiedlich, deshalb äußert sich eine Depression auch nicht bei jeder Person identisch. Es gibt jedoch eine ganze Reihe an Frühwarnzeichen, die auf eine beginnende Depression hinweisen können.

Folge Veränderungen sind typisch:

  • du kannst dich schlecht konzentrieren
  • du grübelst zu viel
  • du reagierst schnell gereizt oder sogar aggressiv
  • du ziehst dich zurück, bis hin zur kompletten Isolation
  • du schläfst zu viel, zu wenig oder fühlst dich schnell müde, evtl. kannst du schlecht ein- oder durchschlafen
  • du hast deutlich größeren/geringeren Appetit
  • du kannst dich über nichts mehr freuen
  • dir macht nichts mehr Spaß, auch deine Hobbys nicht
  • du kannst dich zu nichts aufraffen
  • allein schon das morgendliche Aufstehen ist ein Kraftakt
  • es geht dir abends besser, als morgens
  • deine Stimmung ist gedrückt, häufig auch ohne erkennbaren Grund
  • du leidest an körperlichen Symptomen wie Schwindel, Kopf- oder Bauchschmerzen ohne organische Ursache

Wenn du mehrere dieser Symptome über einen längeren Zeitraum (> 2 Wochen) bemerkst, solltest du unbedingt deiner hausärztlichen Praxis ein Besuch abstatten. Diese kann dann eine erste Diagnose stellen und dich an eine psychiatrische/psychotherapeutische Praxis oder Klinik überweisen.

Warum ist eine Depression bei Introvertierten so gefährlich?


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Introvertierte erzählen mir häufig, dass sie sich lange Zeit „falsch“ gefühlt haben. Ihr Umfeld suggerierte ihnen schon als Kleinkinder, dass sie nicht so still und sensibel sein und sich mehr unter Menschen mischen sollen.

Wenn introvertierte Jugendliche kein großes Interesse an Partynächten zeigen, werden sie als „komisch“ abgestempelt. Und überhaupt scheint die Welt völlig anders zu ticken als wir selbst.

Dass solche Menschen oft mit psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionen zu kämpfen haben, ist nicht verwunderlich. Sie sind ja im Glauben aufgewachsen, dass sie nicht „normal“ seien.

Natürlich können Depressionen bei Introvertierten als auch Extrovertierten gleichermaßen auftreten. Extrovertierte haben aber einen Vorteil: Man merkt es ihnen schneller an, dass etwas nicht stimmt.

So äußert sich die Depression bei Introvertierten

Manche Menschen neigen bei einer Depression dazu, leicht reizbar oder sogar aggressiv zu reagieren. Andere ziehen sich komplett zurück, obwohl sie davor sehr gesellig waren.

Letzteres ist auch bei Introvertierten typisch, nur ist es so, dass wir ohnehin viel Zeit für uns brauchen. Also, auch wenn es uns gut geht. Wir funktionieren nun mal so, dass Rückzug uns neue Kraft schenkt.

Gleiten wir in eine Depression ab, ist oft völlige Isolation unser Mittel der Wahl. Das fällt bei uns aber nicht so schnell auf, wie bei einer extrovertierten Person. Das heißt, Introvertierte leiden oft viel länger im Verborgenen und die dringend nötige Behandlung verschiebt sich immer weiter nach hinten.

Da wir ohnehin gerne grübeln, Dinge mit uns selbst ausmachen wollen und uns seltener anderen Menschen anvertrauen, geraten wir schnell in einen Abwärtsstrudel, der fatale Folgen haben kann.

Deshalb: Wenn du die oben beschriebenen Anzeichen bei dir beobachtest, vertraue dich unbedingt jemandem an.

Wenn du in deinem Umfeld niemanden hast, nutze das Angebot der Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer (für Kinder, Jugendliche und Eltern). Beide bieten auch eine Online-Beratung an, du musst also nicht einmal anrufen, sondern kannst auch dein Anliegen per E-Mail oder Chat besprechen.

Was hilft bei einer Depression?

Noch mal zur Erinnerung: Eine Depression ist eine Krankheit und keine schlechte Laune. Demnach braucht eine Depression häufig eine psychotherapeutische und/oder medikamentöse Behandlung. Je schneller du also professionelle Hilfe bekommst, desto besser kann deine Depression geheilt werden. Und ja, eine Depression ist heilbar und muss nicht chronisch verlaufen.

Depression bei Introvertierten (Zitat): Ca. 5,3 Millionen deutsche Erwachsene leiden pro Jahr unter einer Depression. Kinder und Jugendliche, sowie Senioren ab 80 Jahren kommen noch obendrauf.

Eine Depression ist auch kein Grund, sich zu schämen oder schuldig zu fühlen. Du bist damit nämlich nicht allein. Laut der Deutschen Depressionshilfe leiden ca. 5,3 Millionen deutsche Erwachsene (18 – 79 Jahre) pro Jahr unter einer Depression. Kinder und Jugendliche, sowie Senioren ab 80 Jahren kommen noch obendrauf.

Deshalb: Suche unbedingt deine hausärztliche Praxis auf. Je früher, desto besser.

Das erwartet dich

Du wirst dann vermutlich zu einer psychiatrischen Praxis überwiesen. Psychiater*innen sind für medikamentöse Behandlung zuständig. Und ja, Psychopharmaka können helfen. Aber sie helfen nicht jedem. Wenn du noch keine Erfahrungen mit Antidepressiva und dergleichen hast, würde ich dir empfehlen, es zumindest mal zu versuchen. Wenn es nach einem Jahr weiterhin nicht besser ist, kannst du dich nach einer Alternative umhören.

Außerdem wird man dir vermutlich nahelegen, dir einen Psychotherapieplatz zu suchen. Eine Verhaltenstherapie ist eine hilfreiche Methode, die auch von den Krankenkassen übernommen wird (zumindest wenn deine psychotherapeutische Praxis Kassenpatienten akzeptiert. Das ist leider nicht immer der Fall. Privatpatienten haben es da deutlich leichter).

Psychotherapien werden meist von Psycholog*innen durchgeführt (oder von Heilpraktiker*innen, aber die werden meist nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen). Aber Achtung: Psycholog*innen dürfen keine Medikamente verschreiben. Das ist Psychiater*innen vorbehalten. Deshalb ist es empfehlenswert, dir beides suchen, eine psychiatrische und psychotherapeutische Praxis.

Das kann eine sehr langwierige und anstrengende Sache sein. Bei Psychiater*innen musst du dich auf monatelange Wartezeiten einstellen und Psychotherapieplätze sind häufig noch rarer. Mein Tipp: Lass dich auf mehrere Wartelisten setzen, wenn dir das möglich ist.

Keine Angst vor der Psychiatrie

In der Regel wird dich dein*e Hausärzt*in die erste Zeit betreuen, aber das ist von Praxis zu Praxis unterschiedlich. Bei schweren Depressionen oder wenn Suizidgefahr besteht, wirst du vermutlich an eine psychiatrische Klinik überwiesen.

Das macht vielen Menschen Angst, da Psychiatrien immer noch einen eher schlechten Ruf haben. Dabei ist diese Angst meist unbegründet. In einer psychiatrischen Klinik bist du erst einmal sicher und hast Fachpersonal um dich herum, das sich mit Krankheiten wie Depressionen auskennt.

Moderne Psychiatrien bieten eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten an und es kann auch mal ganz guttun, in einer anderen Umgebung zu sein.

Es gibt zudem auch teilstationäre Tageskliniken, die eine hilfreiche Lösung für dich sein können, wenn du zwar die Therapieangebote nutzen, aber lieber bei dir zu Hause übernachten möchtest (ich habe mich meistens für diese Variante entschieden).

Abgesehen davon, kannst du auch selbst ein paar Dinge tun, um deine Depression etwas abzumildern. Je nach Intensität der Depression ist das unterschiedlich wirkungsvoll.

Was kann ich selbst dagegen tun?

Bevor du weiterliest: Die folgenden Methoden sind kein Ersatz für professionelle Hilfe. Sie können dich aber in deinem Heilungsprozess begleiten oder eine erste Möglichkeit sein, deine Symptome etwas abzumildern, zum Beispiel während du auf einen Termin in einer psychiatrischen oder psychotherapeutischen Praxis wartest.

Die folgenden Tipps beziehen sich insbesondere aufs Schreiben, weil mir das persönlich am meisten hilft und es für Introvertierte geeignet ist. Im Anschluss habe ich aber auch noch ein paar andere Tipps, wie du den Verlauf deiner Depression beeinflussen kannst.

Depressionsjournal

Das Journaling ist immer eine gute Idee, wenn es dir schlecht geht. Indem du deine Gedanken und Gefühle zu Papier bringst, und zwar am besten täglich, werden sie greifbarer für dich. Außerdem kannst du den Strudel der Grübeleien unterbrechen, wenn du alles aufschreibst, was dir durch den Kopf geht. Und ja, das darf düster sein. Dein Depressionsjournal liest nur du, sonst niemand.

Depression bei Introvertierten (Zitat): Es ist auch völlig egal, ob du Rechtschreib- oder Grammatikfehler machst. Solange du deine eigene Schrift später noch lesen kannst, gibt es keine Regeln, wie du dein Tagebuch zu gestalten hast.

Es ist auch völlig egal, ob du Rechtschreib- oder Grammatikfehler machst. Solange du deine eigene Schrift später noch lesen kannst, gibt es keine Regeln, wie du dein Tagebuch zu gestalten hast. Es geht lediglich darum, dass du dir selbst etwas Erleichterung schaffst, indem du das Chaos in dir auf Papier bannst und damit ordnest.

Vielleicht erkennst du durch dein Depressionsjournal erste Fortschritte. Oft ist uns gar nicht bewusst, wenn wir in einer Depression drinstecken, dass es doch langsam aufwärts geht. Wir nehmen ja nur den Augenblick wahr. Blättern wir dann aber in unseren Aufzeichnungen, wird uns bewusst, dass sich doch eine Besserung abzeichnet, auch wenn es Babysteps sind.

Das Gegenteil ist aber natürlich auch möglich. Falls du eine Verschlimmerung deiner Symptome feststellst, solltest du das deiner ärztlichen Praxis mitteilen.

Obendrein kann es helfen, nach einer Therapiestunde die aktuellen Erkenntnisse und Lösungen festzuhalten. Das kannst du dann auch als Ressource für schlechtere Tage nutzen.

Das Depression Toolkit

Die University of Michigan bietet ein kostenloses Depression Toolkit an, in dem du Informationen, Tools und Ressourcen findest, die dich bei deiner Genesung unterstützen können (allerdings auf Englisch).

Auch Fragen fürs Journaling werden dort zur Verfügung gestellt, die du dir regelmäßig stellen und schriftlich beantworten kannst. Ich hab sie dir auf Deutsch übersetzt:

  • Habe ich mich heute irgendwann ängstlich, frustriert oder wütend gefühlt?
  • Hatte ich heute eine positive Begegnung mit jemandem?
  • Hatte ich heute eine negative Begegnung mit jemandem?
  • Muss ich heute eine Entscheidung treffen?
  • Hat mich heute etwas oder jemand zum Lachen gebracht?
  • Hatte ich heute Symptome einer Depression?
  • Hatte ich heute irgendwelche Nebenwirkungen meiner Medikamente?
  • Was war heute meine größte Herausforderung?
  • Habe ich heute irgendwelche Strategien angewandt, die ich in der Therapie gelernt habe? Wenn ja, haben sie mir geholfen?

Tagebücher in Kurzform

Vielleicht würdest du gerne journalen, dir fehlt aber die Kraft, dich täglich längere Zeit hinzusetzen und zu schreiben. In diesem Fall gibt es zwei Lösungen, die deutlich kürzer sind: Dankbarkeitstagebücher und 6-Minuten-Tagebücher.

Dankbarkeitstagebuch

Ein Dankbarkeitstagebuch ist für Depressive meist eine große Herausforderung, denn mit dieser Krankheit spürt man kaum Dankbarkeit. Im Gegenteil, man fragt sich ständig: Warum muss ausgerechnet ich durch diese dunkle Zeit gehen?

Dennoch kann es hilfreich sein, dich auf die positiven Dinge in deinem Leben zu fokussieren. Am Anfang mag das nicht viel bringen, aber wenn du es länger durchziehst, merkst du möglicherweise eine Besserung deiner Symptome, insbesondere, wenn es sich um eine leichte Depression handelt.

Das Ziel ist, dass du in deinem Dankbarkeitstagebuch jeden Tag drei Dinge notierst, für die du dankbar bist. Wenn dir das schwerfällt, kannst du auch mit einer Sache pro Tag anfangen und das dann langsam steigern.

Übrigens habe ich gemerkt, dass es mir leichter fällt, abends in ein Journal zu schreiben, wenn ich Depressionen habe. Der Grund ist schnell erklärt: Depressive stecken morgens oft in einem Tief und ihre Stimmung verbessert sich gegen Abend. Da habe ich dann auch die nötige Energie, um ins Dankbarkeitstagebuch zu schreiben.

6-Minuten-Tagebücher

Auch ein 6-Minuten-Tagebuch ist ein hilfreiches Tool, das morgens und abends jeweils nur 3 Minuten benötigen soll, also insgesamt 6 Minuten pro Tag.

Du kannst hierfür selbst ein Tagebuch anlegen, und dir immer dieselben Fragen stellen, zum Beispiel:

  • Worauf bin ich heute stolz?
  • Wofür bin ich heute dankbar?
  • Was ist heute gut gelaufen?
  • Was ist heute nicht so gut gelaufen?
  • Was plane ich für den morgigen Tag?
Wenn die Energie nicht ausreicht

Manchmal ist die Energie so begrenzt, dass wir wirklich nur wenige Sätze schreiben wollen. Für diesen Fall eignen sich vorgefertigte Tagebücher, die dir täglich Fragen an die Hand geben und dich führen. Sie nennen sich 6-Minuten-Tagebücher, Dankbarkeitstagebücher, Achtsamkeitstagebücher oder Ähnliches. Genau genommen, ist es aber dasselbe.

Zwei dieser vorgefertigten Tagebücher möchte ich dir an dieser Stelle empfehlen.

Sehr beliebt ist das original 6-Minuten-Tagebuch * von UrBestSelf.

*

Ganz besonders mag ich die wöchentlichen Reflexionsfragen und den Monatsrückblick. Da kann man noch einmal etappenweise die vergangenen 7 beziehungsweise 30 Tage Revue passieren lassen.

Die Theorie hinter dem Tagebuch wird ebenfalls verständlich erklärt, sodass du die Methode problemlos anwenden kannst.

Was ich daran nicht so gut finde, ist, dass teilweise wenig Platz zum Schreiben gegeben wird. Für Menschen mit einer großen Handschrift wird es schnell knapp.

Jedoch darf man sich ja auch kurzfassen. Schließlich ist es ein Tagebuch für Schreibfaule. Schau’s dir gerne mal genauer an.

Ein weiteres empfehlenswertes Journal ist das Tagebuch von Vertellis *, das dir täglich unterschiedliche Fragen stellt, die du innerhalb weniger Minuten beantworten kannst.

*

Was ich besonders daran mag, ist, dass die Fragen und Aufgaben variieren. So wird es nicht langweilig und man hat etwas, worauf man sich täglich freuen kann (oder zumindest etwas, was einem guttut).

Auch hier ist wenig Platz für Leute mit einer großen Schrift, aber wenn man etwas kleiner schreibt, geht’s.

Last, but not least sei erwähnt, dass der Hersteller anbietet, den Kaufpreis zu erstatten, wenn du nicht damit zufrieden bist. Ich kann dir also nur empfehlen, dir das Tagebuch mal genauer anzuschauen.

Kreatives Schreiben

Manche Menschen schreiben nicht gerne direkt über sich, sondern drücken ihre Gefühle eher auf die kreative Weise aus. Gerade während Depressionen haben kreative Tätigkeiten eine besonders heilsame Wirkung auf uns.

Wenn du also die Energie dazu aufbringen kannst, versuche doch mal, deine Gefühle in ein Gedicht zu verpacken. Das kann auch etwas ganz Kurzes, wie ein Elfchen sein. Dein Gedicht muss sich auch nicht reimen. Du darfst dich hier völlig frei bewegen und ausprobieren.

Auch Prosatexte wie zum Beispiel Kurzgeschichten eignen sich hervorragend, um eigene Gefühle zu verarbeiten. Wir können uns eigene Figuren ausdenken und diese Dinge erleben lassen, die wir entweder selbst erlebt haben oder die wir gerne erleben würden. Manchmal hilft es mir auch, meine Charaktere so richtig leiden zu lassen, nur um zu sehen: Denen geht’s genauso schlecht oder noch schlechter als mir.

Auch hier kannst du völlig frei drauflosschreiben. Wenn du es nicht willst, wird niemand deinen Text lesen. Grammatik und Rechtschreibung sind auch hier erst einmal nebensächlich. Falls dir deine Geschichte so gut gelingt, dass du sie mit anderen teilen möchtest, kannst du Fehler immer noch korrigieren.

Du möchtest eine Geschichte schreiben, hast aber nicht genügend Energie für eine Kurzgeschichte? Wie wär’s dann mit einem Drabble? Das ist eine Szene, die exakt 100 Wörter hat. Sie kann lustig und unterhaltsam sein, aber auch düster oder nachdenklich. Ich schreibe seit einiger Zeit Drabbles und man merkt ihnen immer deutlich an, in welcher Stimmung ich beim Schreiben war. 🙂

Worauf du sonst noch achten solltest

Neben dem Schreiben gibt es natürlich auch noch andere Faktoren, die eine Genesung unterstützen können:

  • Ausgewogene Ernährung (insbesondere diese Lebensmittel)
  • Regelmäßige Bewegung (eine kurze Runde um den Block ist besser als nichts)
  • Ausreichender Schlaf (ca. 7 – 8 Stunden; zu viel Schlaf kann kontraproduktiv sein)

Außerdem kann es sehr helfen, wen du dich Menschen anvertraust, die dir nahestehen. Du kannst mit ihnen persönlich sprechen, telefonieren oder – was mir in sehr depressiven Episoden am leichtesten fällt – schreiben, etwa per Messenger-App oder E-Mail.

Aber auch „echte“ Briefe auszutauschen, ist spannend, wenn du die Energie dazu hast. Briefe an einen lieben Menschen zu schreiben kann ähnlich effektiv sein, wie das Journaling, nur dass du im Idealfall sogar eine Antwort bekommst. Auch beim Briefeschreiben packst du deine Gedanken und Gefühle in Worte, was eine sehr befreiende Sache sein kann.

Auf meinem Blog findest du auch einen ausführlichen Artikel dazu, wie du Brieffreundschaften knüpfen kannst.

Doch nicht nur das Schreiben kann dich bei einer Depression unterstützen, sondern auch andere kreative Tätigkeiten wie Basteln, Malen und Zeichnen, Handarbeiten oder Musizieren. Mir hilft das dabei, mich abzulenken, die ständigen Grübeleien für eine Weile loszuwerden und mich einfach in eine Sache zu vertiefen, die mir guttut.

Übrigens sind kreative Tätigkeiten auch oft Therapieangebote in psychiatrischen Kliniken, z. B. in Form von Musiktherapie, Kunsttherapie, Ergotherapie oder Schreibtherapie.

Zusammenfassung

Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die in der Regel behandlungsbedürftig ist. Die Behandlung kann je nach Schweregrad der Depression ambulant, teilstationär oder stationär erfolgen.

Journaling, kreatives Schreiben und Briefkontakte können dich während deiner Therapie, davor oder danach unterstützen, nicht noch weiter in die Depression abzurutschen. Sie sind aber kein Ersatz für eine medikamentöse und/oder psychotherapeutische Behandlung.

Ich hoffe, dir hat mein – doch ziemlich ausführlich gewordener – Artikel weitergeholfen. Wenn du mehr von mir lesen möchtest, stöbere gerne hier auf meinem Blog und abonniere meinen Newsletter. Damit bleibst du immer auf dem Laufenden, wenn es etwas Neues gibt oder ein frischer Blogartikel erscheint. 

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6 Kommentare

  1. Wow, einfach nur wow.
    Ein wirklich toll recherchierter und super geschriebener Artikel, liebe Mim – Chapeau 😘
    Ich hoffe sehr, dass diesen Artikel viele Menschen lesen. Du beschreibst so gut, diesen wichtigen Unterschied bei introvertierten Betroffenen.
    Ganz liebe Grüße
    Dani

    1. Hallo Dani,

      vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich hab mich riesig darüber gefreut. Ja, es war mir ein großes Anliegen, die Krankheit Depression mal auf meinem Blog zu thematisieren. Ich bin mir bewusst, dass das ein sehr heikler Bereich ist, deshalb habe ich mehr als sonst darauf geachtet, den richtigen Ton zu treffen. Ich hoffe, das ist mir gelungen.

      Ganz liebe Grüße
      Mim

      1. Das ist dir mehr als gelungen – wirklich!
        Hut ab ✨✨✨
        Bei Insta gibt es couch:now, die setzen sich auch dafür ein, dass Depressionen bzw allgemein psychische Erkrankungen mehr in den Fokus kommen. Wahrscheinlich gibt’s noch mehr Seiten, die ist in den letzten Tagen in meinem Feed aufgetaucht.
        Ich finde auch, dass muss viel viel deutlicher werden. Damit die Sprüche mal weg können wie „Was? Du und depressiv? Nein, du bist doch immer fröhlich und du hast doch alles!“ Oder auch „warum hast du denn nix gesagt!?“
        Wenn sich viele trauen, dieses Thema an die Öffentlichkeit zu bringen, wie du jetzt auf deinem Blog (und ich mit meinem speziellen Thema der Fatigue, wo die Depression auch eine Rolle spielen kann), dann kann es irgendwann mal „normal“ werden, wenn man Psychopharmaka nimmt und sich unterstützen lässt.
        Ganz liebe Grüße 😘

        1. Hallo Dani,

          okay, das freut mich sehr. 🙂 Danke für die positive Rückmeldung.

          Den Account couch:now muss ich mir mal anschauen. Ja, es gibt einige Leute, die auf das Thema aufmerksam machen. Ich finde das so, so wichtig. Und wenn ich irgendwie meinen Beitrag dazu leisten kann, dass psychisch kranke Menschen weder als „faul“, noch als „schlecht gelaunt“ oder gar „verrückt“ eingestuft werden, dann mache ich das gerne.

          Ja, genau, die Frage „Du hast doch alles, warum bist du depressiv?“ ist besonders tricky. Weil damit eine Depression eben wieder mit schlechter Laune oder mit Trauer gleichgesetzt wird. Etwas, das einen schlimmen Grund braucht. Dass es sich dabei aber um eine Krankheit handelt, wird oft nicht verstanden. Genauso bei Ängsten, Zwängen, usw.

          Ich kann nur hoffen, dass es sich irgendwann nicht mehr peinlich anfühlt, wenn man zugeben muss, dass man regelmäßig zur Psychiaterin geht, die einem Psychopharmaka verschreibt. In meiner Schulzeit wurde „XY geht zum Psychiater!“ noch als Mobbingspruch eingesetzt. Ziemlich grausam.

          Ganz liebe Grüße
          Mim

          1. Ach ich meinte übrigens eigentlich den Account stark-gegen-depression bei Insta – Couch:now ist ähnlich

            Damit es irgendwann nicht peinlich ist, es nicht mehr „die Klapse“ ist oder Betroffene nicht mehr deswegen belächelt, ausgelacht und gemobbt werden ✨
            Liebe Grüße

          2. Ah okay. Vielen Dank, ich schau mal. 🙂

            Ganz genau, Dani!

            Liebe Grüße

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