Werbung | Wenn du diesen Beitrag liest, hast du entweder nach Tipps gesucht, wie du endlich extrovertiert wirst oder du fühltest dich vom Titel derart provoziert, dass du nicht anders konntest, als draufzuklicken, um dich zu vergewissern, dass ich jetzt nicht völlig den Verstand verloren habe.
Oder du bist einfach neugierig – diese Möglichkeit gibt es natürlich auch. Ganz egal, aus welchem Grund du mir deine Aufmerksamkeit schenkst, ich freue mich, dass du hier bist, denn dieser Artikel enthält eine Erkenntnis, die mein Leben komplett umgekrempelt hat.
Und wenn du introvertiert bist und der Druck, laut und gesellig sein zu müssen, auf dir lastet, dann könnte dieser Blogbeitrag auch den einen oder anderen Aha-Moment für dich bereithalten.
Also, bleib unbedingt dran.
Ich will nicht mehr länger „falsch“ sein
Kennst du diesen Gedanken? Dass etwas mit dir nicht stimmt, du irgendwie anders bist als die anderen und du dich „falsch“ fühlst? Wünschst du dir nichts sehnlicher, als endlich dazuzugehören und genauso „normal“ zu sein wie die anderen? Laut, wild und gesellig. Aber schon wenn du dran denkst, das Wochenende auf Partys zu verbringen, kringeln sich dir die Zehennägel hoch.
Du fragst dich: Wo nehmen andere diese Energie her? Wie können die nach einer anstrengenden Woche in der Schule, Uni oder bei der Arbeit noch feiern gehen? Und wieso fühle ich mich immer so unwohl in Menschenmengen? So, als würden mir die Leute wie Vampire die ganze Kraft aus dem Körper saugen?
Es könnte alles so viel einfacher sein, wenn du endlich extrovertiert wärst. So wie die anderen. Nicht mehr so ruhig und gehemmt bei allem. Es wäre so viel leichter, wenn du deine Ideen bei Meetings oder Projekten einbringen könntest und nicht ständig überhört werden würdest. Wenn die Leute dich nicht andauernd fragen würden, warum du so still seist und dich aufforderten, „doch auch mal was zu sagen“.
Habe ich da einen wunden Punkt getroffen? Dann geht es dir genauso, wie es mir lange ging und mitunter immer noch geht.
Okay, Butter bei die Fische: Wie werde ich jetzt extrovertiert?
Jetzt musst du ganz stark sein.
Ich hab nämlich eine schlechte Nachricht für dich: Du kannst nicht extrovertiert werden, wenn du introvertiert bist. Das ist angeboren und kann nicht abtrainiert werden.
Die gute Nachricht: Introvertiert zu sein schließt nicht aus, dass du erfolgreich, selbstbewusst und glücklich sein kannst. Introvertiert zu sein, heißt lediglich, dass du deine Energie aus deinem Inneren beziehst, während Extrovertierte ihre Energie aus dem Außen aufladen. Mit Schüchternheit hat das gar nichts zu tun.
Extrovertiert, introvertiert, ambivertiert – hä?
Es gibt eben extrovertierte, introvertierte und ambivertierte Menschen – und das ist völlig normal und natürlich.
Lass mich das mal bildlich darstellen mit einem Beispiel, das ich so ähnlich mal auf einem Online-Kongress gehört habe.
Stell dir vor, wir Menschen hätten Energiepunkte. Zehn Energiepunkte bedeuten, dass wir vollkommen in unserer Kraft sind, null Energiepunkte heißt, dass wir überhaupt keine Power mehr haben.
![Es gibt eben extrovertierte, introvertierte und ambivertierte Menschen - und das ist völlig normal und natürlich.](https://stillundsensibel.de/wp-content/uploads/2023/04/zitat1-wie-werde-ich-extrovertiert.jpg)
Energiepunkte: So läuft es bei Introvertierten ab
Eine introvertierte Person wacht morgens auf und hat zehn Energiepunkte. Sie steht auf, erledigt ihre Morgenroutine und geht zur Arbeit, Uni, Schule, was auch immer. Dorthin fährt sie mit dem Bus, genauso wie einige andere Menschen. Das kostet sie Energiepunkte.
Sagen wir, sie kommt im Büro an und hat noch acht Energiepunkte. Gleich zu Beginn des Tages ist ein Meeting angesagt, das kostet noch mal Energiepunkte. Dann geht sie ihrer Arbeit nach, unterhält sich mit ihrer Kollegin. Dabei verliert sie noch mehr Energiepunkte und so weiter.
Abends, wenn sie nach Hause kommt, hat sie keine Energiepunkte mehr. Sie lässt den Abend also ruhig ausklingen, indem sie ein Buch liest oder eine Serie anschaut. Schließlich geht sie ins Bett – und am nächsten Morgen wacht sie wieder mit zehn Energiepunkten auf.
Energiepunkte: So läuft es bei Extrovertierten ab
Bei einer extrovertierten Person ist es genau umgekehrt. Sie wacht morgens mit null Energiepunkten auf. Kaum geht sie aber aus dem Haus und unter Menschen, fangen die Energiepunkte an zu steigen. Bei der Arbeit mit den Kolleg*innen, in Meetings oder Vorlesungen usw. schießen die Energiepunkte in die Höhe.
Abends geht sie noch mit Freund*innen in eine Bar und lässt den Abend gesellig ausklingen oder geht ins Fitnessstudio, um sich sportlich auszupowern. Ihre Energiepunkte sind komplett aufgeladen und über Nacht verliert sie ihre Energie wieder. (Was aber nicht heißt, dass Extrovertierte keinen Schlaf brauchen. Schlaf ist wichtig für JEDEN Menschen.)
Keiner ist 100 % introvertiert oder extrovertiert
Nun ist es aber so, dass bereits der „Entdecker“ von Introversion und Extraversion, Carl Gustav Jung, sagte, dass niemand 100 % introvertiert oder extrovertiert sei.
Tatsächlich müssen wir uns das als ein Spektrum vorstellen. Auf der eine Seite steht die Extraversion, auf der anderen die Introversion. Und wir befinden uns irgendwo auf diesem Spektrum, entweder mehr in Richtung Introversion, dann gelten wir als introvertiert, oder mehr bei der Extraversion, was logischerweise bedeutet, dass wir extrovertiert sind.
Es gibt auch Menschen, die sich in der Mitte befinden. Diese bezeichnet man als ambivertiert.
Muss ich so bleiben, wie ich bin?
Vielleicht verstehst du jetzt, warum du dir das nicht abtrainieren kannst. Introvertierte Menschen sammeln Energie auf andere Art und Weise als Extrovertierte. Das ist aber überhaupt nichts Schlechtes und auch nicht mal so selten.
Wissenschaftler sind sich noch nicht einig, wie viel Prozent der Bevölkerung introvertiert sind, aber es wird geschätzt, dass es zwischen 25 % und 50 % sind. Und das sind viele.
Aber eine Menge davon glauben, falsch zu sein, wie sie sind. Sie verbiegen sich, um in die Gesellschaft zu passen und fügen sich dadurch selbst Schaden zu.
Dabei brauchst du dich nicht zu verbiegen. Ganz im Gegenteil, nicht du bist das Problem, sondern die Menschen, die dich nicht so akzeptieren, wie du wirklich bist. Du bist wertvoll und absolut richtig so. Und dass auch Introvertierte Karriere machen können, darüber erfährst du zum Beispiel im Businessjournal „von introvertiert zu positioniert“ mehr.
Was du nun lernen darfst, ist, auf deine Bedürfnisse zu achten und Grenzen zu setzen. Und du darfst an deinen negativen Glaubenssätzen arbeiten.
Negative Glaubenssätze: Ein Thema für viele Intros
Ich weiß, wie schwierig es ist, das zu verinnerlichen, wenn man über Jahre gedacht hat, nicht wirklich in die Gesellschaft zu passen. Wir haben viele negative Glaubenssätze gebildet, die es nun bedeutet, abzubauen.
Für diese Arbeit empfehle ich dir ein Journal, in dem du deine Gedanken niederschreibst und dir auch selbst Fragen stellst.
Mein Tipp für dich
Um dich selbst besser kennenzulernen, poste ich jeden Mittwoch auf Instagram einen Journal Prompt, also eine Frage, über die du reflektieren und in deinem Journal schreiben kannst, wenn du möchtest.
Du könntest etwa erst einmal ein Brainstorming machen und alles aufschreiben, was dich zurückhält, dein Leben selbstbewusst und glücklich zu leben. Welche Sätze flüstert dir dein*e innere*r Kritiker*in zu?
Wie erkenne ich die Wurzel der Glaubenssätze?
Wenn du eine Liste angefertigt hast, kannst du dir die einzelnen Glaubenssätze anschauen und überlegen, ob die Glaubenssätze wahr sind und wenn nicht, was wirklich dahintersteckt. Du könntest zum Beispiel mehrmals die Frage „Warum?“ in Bezug auf einen negativen Glaubenssatz beantworten. Das hilft, um an die Wurzel zu gelangen.
Hier ein Beispiel:
Ich bin viel zu schüchtern, um einen Vortrag vor Publikum zu halten.
Warum?
Weil ich es hasse, wenn ich die Aufmerksamkeit auf mich ziehe.
Warum?
Weil ich dann immer rot werde und anfange zu schwitzen.
Warum?
Weil mich das daran erinnert, dass ich in der Schule mal bei einer Präsentation ausgelacht wurde …
Das könnte man natürlich noch ausführlicher machen, aber du verstehst das Prinzip.
Wie gehe ich mit negativen Glaubenssätzen um?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du mit dem umgehen könntest, was du herausgefunden hast. Ich bin ein Fan des „heilsamen Schreibens“, also Schreiben als Weg zur inneren Selbstheilung bei Problemen (NICHT bei psychischen Krankheiten als Ersatz für eine Therapie!).
Beim obigen Beispiel eignen sich folgende Übungen (du darfst sie gerne für dich abwandeln und dir das herauspicken, was dich am ehesten anspricht):
- Du schreibst alles auf, was dir zu diesem Erlebnis in den Sinn kommt. Lass alles raus und halte es auf Papier fest (idealerweise schreibst du von Hand). Denke daran: Es ist nur für dich, du kannst fluchen, schimpfen und dich verletzlich zeigen, ganz wie du willst. Versuche, deine Gefühle von damals genau zu benennen. Was hast du gefühlt? Scham? Wut? Angst? Traurigkeit?
- Du schreibst deinen Peiniger*innen von damals einen Brief. Ähnlich wie Übung 1 kannst du alles rauslassen, was in dir brodelt. Pack all deine Gefühle in diesen Brief. Natürlich musst du ihn niemals abschicken, aber es tut gut, den Menschen einmal die Meinung zu sagen, die dich so sehr verletzt haben. Wenn du den Brief fertig geschrieben hast, kannst du ihn laut vorlesen und dir vorstellen, deine ehemalige Klasse (oder wer auch immer das Problem bei dir ausgelöst hat) säße vor dir.
- Schreib eine Kurzgeschichte, gerne aus der Ich-Perspektive, in der du die Situation Revue passieren lässt. Allerdings hat deine Geschichte ein alternatives Ende, an dem so reagierst, wie du aus heutiger Sicht hättest reagieren wollen. Auch das kann helfen, alte Wunden zu heilen und deine Sicht auf dich selbst und die Situation zu verändern.
Wenn Schreiben nicht deins ist, kannst du dir auch ein Kissen, ein Foto oder einen anderen Gegenstand nehmen, und dem mündlich die Meinung geigen. Wichtig ist, dass du deinen inneren Schmerz rauslässt und nicht länger in dich reinfrisst. Du darfst auch weinen. Das ist völlig normal und zeigt nur, dass du etwas bei dir in Gang gesetzt hast. Dass Gefühle an die Oberfläche kommen, die du lange in dir vergraben hast.
Glaubenssätze: Aus negativ mach positiv!
Als letzten Schritt kannst du deine negativen Glaubenssätze umformulieren. Jedoch kenne ich von mir selbst, dass es mir nicht hilft, einen negativen Glaubenssatz einfach ins Gegenteil umzukehren. Was ich stattdessen nützlicher finde, ist, ihn lediglich etwas „aufzuweichen“, damit er nicht mehr so absolut ist. Das fühlt sich für mich besser an. Du kannst es natürlich so machen, wie es für dich am besten ist.
![Es hilft nicht, einen negativen Glaubenssatz einfach ins Gegenteil umzukehrne. Nützlicher ist, ihn lediglich etwas "aufzuweichen", damit er nicht mehr so absolut ist.](https://stillundsensibel.de/wp-content/uploads/2023/04/zitat2-wie-werde-ich-extrovertiert.jpg)
Hier ein Beispiel:
Glaubenssatz: Ich bin viel zu schüchtern, um einen Vortrag vor Publikum zu halten.
Gegenteil: Ich bin stark und werde den Vortrag rocken!
Aufgeweicht: Ich habe Angst vor Vorträgen, aber das ist okay. Das geht vielen Menschen so. Ich kann es aber trotzdem schaffen.
Achte darauf, die neuen Glaubenssätze dennoch positiv zu formulieren, also ohne das Wort „nicht“ darin.
Also, ich bleib dann mal introvertiert …
Gratulation! Dazu, dass du erstens erkannt hast, dass deine Introversion nix Schlimmes ist und zweitens, dass du den Artikel bis zum Ende durchgelesen hast.
Zu lernen, dich selbst anzunehmen und dir zu vertrauen, passiert nicht von heute auf morgen. Gib dir diese Zeit und setz dich nicht selbst unter Druck.
Wichtig ist, dass du dir eines merkst:
Du bist gut so, wie du bist, egal ob introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert.
Introversion und Extraversion unterscheiden sich lediglich darin, wie wir Energie bekommen und verlieren. Wenn du lernst, dein Leben nach deinen eigenen Bedürfnissen auszurichten, kannst du genauso glücklich, erfolgreich und selbstbewusst sein, wie Extrovertierte. Das schließt sich überhaupt nicht gegenseitig aus.
Ein erster Schritt ist hierbei, deine negativen Glaubenssätze zu überprüfen und dich (schriftlich) damit auseinanderzusetzen.
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Quelle:
Gulder, Angelika: Aufgewacht! Wie Sie das Leben Ihrer Träume finden, 1. Aufl., Frankfurt am Main, Campus, 2011, S. 74 ff.
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