Netzwerken für Introvertierte | Interview mit Ricarda Colditz

Netzwerken für Introvertierte - Interview mit Ricarda Colditz

Werbung | Introvertierte im Berufsleben – ein spannendes Thema, für das es aber kaum deutsche Literatur gibt. Diese Lücke wollte Ricarda Colditz schließen. Sie gründete im April 2021 ihren eigenen Verlag, den Verlag Colditz, in dem sie Übersetzungen von Büchern anbietet, die Introvertierten helfen, im Business erfolgreicher zu werden. „Der Pfad der Introvertierten zum Networking“ * von Matthew Pollard macht den Anfang und erscheint am 31. Januar 2022

In unserem Interview sprach Ricarda u. a. über ihre eigene Introvertiertheit, wie sie Dank ihrer Hartnäckigkeit an die Übersetzungsrechte des Buches von Matthew Pollard gelang und für wen sich der Ratgeber besonders eignet.

„Ich hatte das Gefühl, nichts Bedeutungsvolles zu tun.“

Du schreibst auf deiner Website, dass du introvertiert bist und dich damit früher schwergetan hast. Was hat dir dabei geholfen, deine Introversion anzunehmen und aus einer vermeintlichen Schwäche eine Stärke zu machen?

Zunächst einmal war mir gar nicht richtig bewusst, wie sich meine Introvertiertheit überhaupt auf mein Berufsleben auswirkt. Als ich mich dann mit dem Thema mehr auseinandersetzte und – typisch introvertiert – verschiedene Bücher darüber gelesen habe, konnte ich mich bewusst darauf konzentrieren, meine neu entdeckten Stärken besser einzusetzen. Das ist jedoch noch gar nicht so lange her!

Dein Verlag konzentriert sich auf das Thema Introversion im Berufsleben. Wie und wann kamst du auf die Idee, einen eigenen Verlag zu gründen?

Mein beruflicher Werdegang ist typisch für viele Introvertierte, denn ich bin nie lange irgendwo geblieben und habe mich ständig weitergebildet. Nach fünf Jahren in England lernte ich meinen Mann kennen und kehrte nach Deutschland zurück, doch auch durch ihn standen mehrere Jobwechsel an.

Porträt Ricarda Colditz lächelnd
Ricarda Colditz

Vor zehn Jahren – und nach einem zweiten Fernstudium – habe ich mich dann als staatlich geprüfte Übersetzerin für Englisch und Deutsch selbstständig gemacht. Endlich ein ruhiges Büro bei uns zu Hause!

In der Zeit habe ich einige Bücher übersetzt. Aber im Großen und Ganzen hatte ich das Gefühl, dass ich nichts Bedeutungsvolles tue.

Dann bin ich auf das Buch von Matthew Pollard gestoßen und wusste: „Das will ich unbedingt übersetzen und selbst verlegen!“

Das Verhalten einer sehr extrovertierten Frau in der Gemeinde hatte meinem Mann und mir seit einiger Zeit sehr zu schaffen gemacht und unsere Introversion wieder in den Fokus gerückt. Es war daher wie ein Lichtblitz, der den Weg zu einer beruflichen Neuausrichtung aufzeigte.

Mir wurde klar, dass ich mich inhaltlich auf das Thema Introversion konzentrieren sollte – und zwar aufbauend auf meiner Liebe zu Büchern und zur englischen Sprache.

„Mir graute vor Anrufen.“

Was waren deine größten Herausforderungen bei der Verlagsgründung, insbesondere mit Bezug auf deine Introvertiertheit?

Die Gründung ist ein formaler Akt, für den man beim Gewerbeamt nur zwei A4 Seiten ausfüllen muss. Das war nicht schwer.

Herausfordernder war schon der Kontakt zum amerikanischen Verlag HarperCollins, um als Neuling auch ernst genommen zu werden.

Doch die größte Herausforderung für mich waren die notwendigen Anrufe bei den verschiedenen Dienstleistern, also z. B. dem Grafiker für das Cover- und Logo-Design, dem Schriftsetzer für den Buchsatz und dem E-Book-Ersteller. Ich wusste, wie wichtig diese Anrufe sind, um sich direkt abzustimmen.

Außerdem habe ich durch die Telefonate viel dazugelernt, was ich bis dahin nicht wusste. Solche Infos erfuhr ich meist nebenbei im Gespräch oder es ergaben sich Fragen, die ich bis dahin noch nicht auf dem Schirm hatte.

Trotzdem graute es mich immer wieder vor Anrufen. Inzwischen habe ich mir ein kleines Skript erarbeitet und informiere meinen Gesprächspartner am Telefon gleich zu Anfang darüber, dass ich introvertiert bin und mir das Telefonat einiges abverlangt.


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„Ich habe Matthew mit seiner eigenen Strategie überzeugt.“

Das erste Buch, das es im Verlag Colditz gibt, ist Matthew Pollards „Der Pfad der Introvertierten zum Networking“, das Introvertierte dabei unterstützt, erfolgreich zu netzwerken. Als Verlegerin muss man gut netzwerken können. Wie kam der Kontakt zu Matthew Pollard zustande?

Das erste Buch aus dem Verlag Colditz

Es ist ganz witzig, denn durch eine USA-Reise zu einem Leitungskongress kam ich vor einigen Jahren mit Vertretern des sehr großen amerikanischen Verlags HarperCollins ins Gespräch. Ich stellte mich als Übersetzerin vor und überreichte meine Visitenkarte.

So landete ich auf einer E-Mail-Verteilerliste für Verlage in Europa, welche jeweils über die Neuerscheinungen noch vor dem Veröffentlichungsdatum informiert. Auf diese Weise kann man das Manuskript anfordern und prüfen, ob sich eine Übersetzung in die eigene Sprache lohnt.

Ich hielt somit im November 2020 das Manuskript für ein Buch (Anm. d. Red.: „The Introvert’s Edge to Networking“ von Matthew Pollard) in den Händen, das im Original erst im Januar 2021 erschien. Es war brandaktuell, und ich war so begeistert vom Inhalt des Buches, dass ich mit dem Autor und dem Verlag Kontakt aufnahm.

Ich schrieb E-Mails, vernetzte mich auf LinkedIn, füllte das Kontaktformular auf seiner Webseite aus, schrieb parallel an den Verlag. Ich blieb hartnäckig und habe ihn schließlich mit seiner eigenen Strategie des richtigen Follow Ups, die er in dem Buch beschreibt, überzeugt.

Eines Nachts klingelte mein Telefon und Matthew wollte wissen, wer denn diese Ricarda sei und warum sie unbedingt sein Buch übersetzen wolle. In diesem Kennenlerngespräch konnte ich ihn überzeugen, und er versprach mir, sich bei HarperCollins für mich einzusetzen, damit sie mir die Übersetzungsrechte zusprechen – natürlich gegen Bezahlung.

Matthew Pollard hatte bereits vor seinem 30. Geburtstag fünf Multimillionen-Dollar-Unternehmen aufgebaut. Wie war es für dich, mit einem so erfolgreichen Menschen zusammenzuarbeiten? Braucht das nicht eine Menge Mut?

Also, wenn man sich seine Webseite anschaut, dann ist man schon erst mal „geflasht“ davon, wie erfolgreich er ist und was er sich alles aufgebaut hat.

Sein anderes Buch zum Thema Verkaufen als Introvertierte*r wurde bereits in mehr als 15 Sprachen übersetzt. Ich arbeite gerade an der deutschen Übersetzung und sie erscheint im Herbst dieses Jahres unter dem Titel „Der Pfad der Introvertierten zum Verkaufen: Erkenne deine Vorteile und nutze sie“.

Eigentlich hat es mir eher Mut gemacht, was er bereits alles erreicht hat und was ich von ihm lernen kann. Durch unsere monatlichen Zoom-Calls hat er mich sehr unterstützt, gerade auch was das Marketing angeht. Seine vielen Tipps und Tricks haben mir sehr geholfen und mich bestärkt.

„Solange du introvertiert bist, ist das Buch für dich.“

Für wen eignet sich „Der Pfad der Introvertierten zum Networking“ besonders? Wer sollte das Buch unbedingt lesen?

Jeder, der introvertiert ist – in welcher Ausprägung auch immer – und im Berufsleben steht.

Im ersten Kapitel des Buches, das man sich kostenlos über die Webseite herunterladen kann, geht der Autor auf die möglichen Adressaten ein: Ob angestellt und auf der Suche nach einem neuen Job, ob selbstständig oder mit eigener Firma – solange du introvertiert bist, ist das Buch für dich.

Matthew erwähnt in einem Beispiel sogar einen Teenager, der sich durch die Aneignung von Matthews Erkenntnissen in der Schule besser integrieren und neue Freunde finden konnte.

Porträtfoto Ricarda Colditz
Übersetzerin und Verlegerin Ricarda Colditz

In „Der Pfad der Introvertierten zum Networking“ geht es unter anderem darum, seine Leidenschaft hervorzuheben. Was ist deine größte Leidenschaft?

Definitiv Sprachen und Bücher. Ich weiß nicht, warum es so lange gedauert hat, bis ich inhaltlich zu dem Thema Introversion gefunden habe. Ich bin ja selbst sehr introvertiert. Aber mit dem Verlag kann ich nun alle drei Punkte verbinden.

Zu deinen Aufgaben als Verlegerin gehört, abzuschätzen, ob sich ein englischsprachiges Buch für den deutschen Markt eignet. Auf welche Kriterien achtest du da besonders?

Also, eine Kristallkugel verwende ich nicht und es gibt immer ein gewisses Risiko, da man nur schwer voraussagen kann, wie das deutschsprachige Publikum ein amerikanisches Buch beurteilt.

Ich verlasse mich da ein bisschen auf mein Bauchgefühl, welche Bücher ich selbst spannend finde und was gerade aktuell ist. Allerdings prüfe ich auch, wie erfolgreich die Autoren im eigenen Land sind, wie oft das Buch bereits in andere Sprachen übersetzt wurde und ob die Chemie für eine engere Zusammenarbeit stimmt.

„Was Introversion angeht, ist die englischsprachige Welt Deutschland voraus.“

Wird dein Verlag ausschließlich Übersetzungen anbieten oder kannst du dir vorstellen, in der Zukunft auch Manuskripte von deutschsprachigen Autor*innen anzunehmen?

Nein, langfristig gesehen kann ich mir schon vorstellen, auch deutsche Manuskripte zu veröffentlichen, die ich nicht erst übersetzen muss.

Aber gerade, was das Thema Introversion angeht, ist die englischsprachige Welt uns in Deutschland so weit voraus, dass ich bereits eine Vielzahl anderer Autorinnen und Autoren kennengelernt habe, woraus sich spannende Übersetzungsprojekte ergeben könnten.

Zum Abschluss: Was ist dein persönlicher Tipp für Introvertierte, die im Berufsleben unglücklich sind?

Zunächst sollte man der Ursache auf den Grund gehen, warum man unglücklich ist. Sind es die Räumlichkeiten, wie ein lautes Großraumbüro mit vielen Kollegen? Ist der Job selbst nicht erfüllend genug und du solltest dich nach einer anderen Tätigkeit umsehen? Vielleicht hilft es schon, deinem Team zu erklären, dass du introvertiert bist, und was genau das für dich und dein Arbeitsumfeld bedeutet.

Oder bist du selbstständig, aber nicht so richtig erfolgreich, weil deine leise Art dich ausbremst? Dann solltest du dich auch damit beschäftigen, wie du dich auf deine Stärken konzentrieren kannst. Das Buch von Matthew * wäre hierfür perfekt.

Und vernetze dich mit anderen Introvertierten und tausche dich aus!

Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft.

Vielen Dank.


Bevor du gehst …

  • Auf YouTube findest du ein Interview mit Matthew Pollard, das Ricarda Colditz mit ihm geführt hat. Darin spricht der Autor über das Thema Netzwerken für Introvertierte und warum wir nicht versuchen sollten, uns wie Extrovertierte zu verhalten.

Bist du neugierig auf „Der Pfad der Introvertierten zum Networking“ geworden? Dann kannst du das Buch bei Amazon *, im Buchhandel oder direkt über den Verlag Colditz * bestellen. Es ist, neben der Printausgabe, übrigens auch als E-Book und Hörbuch verfügbar.

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2 Kommentare

  1. Was für ein spannendes Interview! Ich habe direkt Lust bekommen, das Buch zu lesen.

    1. Vielen Dank, liebe Paula. Falls du es dir holst, hoffe ich, dass es dir genauso gut gefällt wie mir. Lass es mich gerne wissen, wenn du das Buch gelesen hast.

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